Wochenrückblick

Schweiz im Sicherheitsrat / KW 30-2024

von Johann Aeschlimann | July 2024
Jemen: In zwei getrennten Sitzungen hat der Rat sich mit der Situation in Jemen befasst. Die erste war eine von den drei westlichen Vetomächten verlangte Dringlichkeitsdebatte über die Raketenangriffe der Huthi-Milizen auf Israel und den israelischen Vergeltungsschlag gegen Ziele in der Hafenstadt Hodeidah, die zweite zum periodischen Bericht des UNO-Sondergesandten. Hauptthema war das Risiko einer regionalen Ausweitung des Gazakriegs. Die von Iran unterstützten schiitischen Huthi begründen ihre Angriffe auf Israel und auf die internationale Schifffahrt im Roten Meer  mit dem israelischen Vorgehen in Gaza, Israel macht Selbstverteidigung geltend. Der israelische Vertreter sagte, seit Beginn des Kriegs hätten die Huthi über 200 Raketen und Drohnen auf Israel abgeschossen. Dies sei Teil einer Strategie Irans, Israel von allen Seiten – durch Hizbullah im Libanon und Gruppen aus Irak und Syrien – her anzugreifen. Die UNO-Vertreter machten darauf aufmerksam, dass Hodeidah der wichtigste humanitäre Versorgungshafen für die jemenitische Zivilbevölkerung ist. Der UNO-Sondergesandte mahnte zum wiederholten Mal, die Eskalation der Gewalt in Jemen nehme zu, der  2022 abgeschlossene Waffenstillstand und ein umfassender Dialog aller Parteien seien der einzige Ausweg. Die Schweiz warnte wie zahlreiche andere Ratsmitglieder vor einer Ausweitung des Gaza-Kriegs auf die gesamte Region.

Syrien: Die syrische Regierung hat in dem von ihr kontrollierten Staatsgebiet Parlamentswahlen abgehalten, aber der UNO-Sondergesandte erklärte, diese seien kein Ersatz für die vom Sicherheitsrat geforderten allgemeinen, alle Parteien der laufenden Konflikte einschliessenden Wahlen aufgrund einer auszuhandelnden neuen Verfassung. Der Vertreter des UNO-Nothilfebüros sagte, die humanitäre Not im Land sei so gross wie nie. Die Debatte war ein steriler Austausch längst gehörter Schuldzuweisungen zwischen den Vereinigten Staaten und ihren Verbündeten einerseits und Russland andererseits. Alle Ratsmitglieder äusserten den Wunsch nach einer “politischen Lösung” und der Wiederaufnahme der Verhandlungen über eine neue Verfassung. Sie sind seit Monaten unterbrochen, weil der bisherige Verhandlungsort Genf nicht mehr genehm ist. Die Schweiz erklärte, Genf stehe weiterhin für die Gastgeberrolle zur Verfügung. Südkorea sagte, wenn Genf oder Bagdad nicht in Frage kämen, müsse eben ein anderer Ort gewählt werden.

Ukraine: Russland hat erneut eine Sitzung über die ausländischen Waffenlieferungen im Ukrainekrieg anberaumt – nach französischer Zählung die siebzehnte. Das Szenario ist gegeben: Der für Abrüstung zuständige UNO-Beamte rezitiert die anwendbaren internationalen Abmachungen über den Waffenhandel und mahnt zu deren Einhaltung, Russland prangert die amerikanischen und europäischen Waffenlieferungen an die Ukraine als Kriegsverlängerung an, die USA und ihre Verbündeten verweisen auf die nordkoreanischen und iranischen Lieferungen an Russland, welche Sanktionen des Rats verletzen. Als Kronzeugin der russischen Argumentation (“westlicher Kreuzzug gegen Russland”) trat die frühere österreichische Aussenministerin Karin Kneissl in der Rolle einer Expertin auf. Die Schweiz sagte, was sie immer sagt: Russland ist der Aggressor, hat die UNO-Charta verletzt und muss seinen Angriff beenden. “Wir verurteilen diese Aggression, und wir weisen jeden Versuch zurück, sich dieser Verantwortung zu entziehen”. Die Schweiz teilte dem Rat mit, bei einem russischen Angriff auf Charkow sei das Büro der « Fondation suisse de déminage » getroffen worden. Sie forderte die Einhaltung des humanitären Völkerrechts, das Angriffe auf zivile Infrastruktur und humanitäre Einrichtungen verbietet.

Gaza: Vertreter der UNO haben über den Stand der Dinge orientiert: 2 Millionen Personen vertrieben (“in der Falle eines endlosen Albtraums”), 625000 Kinder “stark traumatisiert”, zu wenig Wasser, Nahrung, medizinische Versorgung, ungenügende humanitäre Hilfe wegen Behinderungen der Helfer, “ungebremste Fortsetzung” der Angriffe auf die UNO-Organisation für Palästinenser-Flüchtlingshilfe (UNRWA), Fruchtlosigkeit der Sicherheitsratsresolution für einen Waffenstillstand. China verwies auf die in Beijing zustande gekommene inner-palästinensische Einigung für eine Nachkriegsregierung und forderte eine breite internationale Friedenskonferenz. Slowenien schlug einen “olympischen Frieden” vor. Die USA forderten den Rat auf, Druck auf Hamas für einen Waffenstillstand auszuüben. Die Schweiz forderte “strikte Beachtung des humanitären Völkerrechts", die sofortige Freilassung aller Geiseln und die Umsetzung der Sicherheitsratsresolutionen für einen Waffenstillstand. Der humanitäre Zugang zu allen Zivilisten in allen Gebieten des Gazastreifens an allen Grenzübergängen müsse sofort gewährt werden, “das gilt auch für UNRWA”. Der israelische Vertreter nannte es «eine Absurdität», dass der Rat die humanitäre Lage in Gaza debattiere.

Zentralasien: Der Rat wurde über die Tätigkeit des UNO-Regionalzentrums für präventive Diplomatie (UN Regional Centre for Preventive Diplomacy for Central Asia UNRCCA) unterrichtet.

Genfer Konventionen: Die Schweiz möchte, dass der Rat zum  75. Jahrestag der Erweiterung der  Genfer Konventionen (12. August 1949) eine Präsidialerklärung abgibt. Dazu müssen die Mitglieder sich über einen Text einigen. Da es sich nicht um einen formellen Entscheid handelt, gilt das Veto der fünf ständigen Mitglieder nicht.

Schweizer Erklärungen:

 
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